Spielerstationen
vv Heerenveen
1936–1955, zuletzt Eerste klasse B
Sportclub Enschede
1955–1960, zuletzt Eredivisie
Enschedese Boys
1960–1963, zuletzt Eerste divisie
Erfolge und Ehrungen
Meister der Eerste Klasse Noord:
neunmal in Folge, von 1942 bis 1951
(VV Heerenveen)
Niederländischer Vizemeister:
1947, 1948 (mit Heerenveen) und
1958 (mit SC Enschede)
Niederländischer Sportler des Jahres:
1951, 1952
Berufung in Johan Cruijffs
Oranje-Elf des Jahrhunderts 2000 (als einziger verstorbener Spieler)
Ehrenmitglied der vv Heerenveen
seit 24. August 1956
Ehrenbürger von Heerenveen
seit 16. Juni 1965
Aufnahme in den Kanon der friesischen
Geschichte der Provinz Friesland
Fotonachweise:
oben: Training der Nationalmannschaft vor
dem Match gegen Österreich, 1957.
Training Nederlands elftal voor de
wedstrijd Nederland tegen Oostenrijk,
24 september 1957; Noske, J.D. / Anefo.
Nationaal Archief, CC-BY-SA.
bekijk toegang 2.24.01.03,
bestanddeelnummer 908-9780
im Kasten: Abe Lenstra.
Vriendschappelijke voetbalwedstrijd
Nederland - België 1-0 (rust 1-0) in het
Olympisch Stadion in Amsterdam, 3 April
1955. By Polygoon Hollands Nieuws
[CC-BY-SA-3.0
(http://creativecommons.org/licenses /by-sa/3.0)],
via Wikimedia Commons
Abe Lenstra
Eine Webpage zur Geschichte und Gegenwart der
niederländischen Fußballnationalmannschaft
Karriere im Verein 3
1955–1960: Als Halbprofi beim Sportclub Enschede
Schon im Sommer 1954 hatte Hennie Möring, ehemaliger Spieler des Sportclub Enschede und mittlerweile Geschäftsmann, Kontakt zu seinem früheren Nationalmannschaftskameraden aufgenommen. Der Sportclub hatte zu diesem Zeitpunkt bereits beschlossen, so bald wie möglich zum Profifußball überzugehen, der in den Niederlanden mit dem Zusammengehen der zwei Ligen von KNVB und dem neuen Verband der Berufsfußballspieler, NBVB, im November 1954 zum Standard wurde. Möring bot Lenstra eine zu seiner Arbeit in Heerenveen gleichwertige Anstellung bei der Gemeindeverwaltung Enschede an, die jedoch später an einen anderen Bewerber ging. Um Lenstra doch zu einem Wechsel zu bewegen, wurde ihm daraufhin der Geschäftsführerposten in einem neu gegründeten Großhandel für Sportartikel versprochen. Ein Handgeld von 15.000 Gulden tat ein Übriges, und so erklärte Abe Lenstra sich bereit, zur Saison 1955/56 als Halbprofi nach Enschede zu gehen. Die Verhandlungen der Vereine über eine Ablöse für den immerhin 34-jährigen Spieler standen im Zeichen der Geschäftsleute aus Enschede und der Amateure aus Heerenveen: Durch Verhandlungsgeschick und legitime Tricksereien erhielten die Friesen letztlich lediglich Einnahmen aus zwei Freundschaftsspielen des Sportclub von etwas mehr als 11.000 Gulden – für einen Spieler, der anderen Vereinen 100.000 Gulden wert gewesen wäre, wie Egidius Joosten, Gründer des NBVB und des ersten niederländischen Profiklubs Fortuna’54, später bestätigte.29)
Zwar war Lenstra erst ab 1. Juli 1955 offiziell beim Sportclub, im Mai und Juni trat er aber schon in zwei Freundschaftsspielen gegen Preußen Münster und den FC Schalke 04 im neuen Dress an. Das Vereinsmitglied Nr. 765 traf in Enschede nicht nur auf namhafte Mitspieler wie Joop Odenthal oder Gerrit Voges sondern auch auf seinen ehemaligen Bondscoach Jaap van der Leck sowie einige „Eigengewächse“ des Vereins wie Joop Janssen. Der junge Linksaußen erinnerte sich, was die Enscheder fühlten, als sie erfuhren, dass das Idol zu ihnen stoßen werde: „Niemand hatte erwartet, dass Lenstra nach Enschede käme. Für uns war das zu schön um wahr zu sein; wer hätte denn wohl nicht mit Abe zusammen spielen wollen?“30) Van der Leck hatte die Mannschaft bereits seit einem Jahr trainiert und auf Platz 5 in der Eerste klasse geführt; damit war das Team für die neue, zweigleisige Hoofdklasse qualifiziert. Am 8. August 1956 eröffnete der Club sein neues Stadion Het Diekman mit einem neuerlichen Freundschaftsspiel gegen Preußen Münster, das Enschede mit 3:0 gewann; Lenstra erzielte per Strafstoß das erste Tor in Spiel und Stadion. Auch im ersten Meisterschaftsspiel drei Wochen später war Lenstra erfolgreich, beim 5:1 über PSV in Eindhoven erzielte er zwei Treffer, zwei von 13 in 16 Spielen vor der Winterpause. Am Saisonende belegte der Sportclub gemeinsam mit Rapid JC den zweiten Platz und hatte damit klar die Teilnahme an der für die folgende Saison eingerichteten Eredivisie geschafft. Um die Teilnahme an der Meisterschaftsendrunde spielten Rapid JC und der Sportclub am 17. Juni 1956 ein Entscheidungsspiel in Nimwegen, das der spätere Meister aus Kerkrade mit 4:3 für sich entschied.
Die erste Saison der Eredivisie, mittlerweile hatte František Fadrhonc das Traineramt von van der Leck übernommen, schlossen die Mannen um Lenstra als Dritter ab, hinter Meister Ajax Amsterdam und Fortuna’54. Der Friese war mit dem neuen Trainer nicht zufrieden, er ließ für seinen Geschmack zu defensiv spielen. Da Lenstra sich nicht gern in die Verteidigung zurückfallen ließ, mussten seine Nebenleute entsprechend längere Wege laufen, was für das Mannschaftsklima nicht sonderlich förderlich war. Dennoch stand Abe Lenstra mit diesem Team – in dem mittlerweile auch Rinus Schaap, einer seiner wenigen Freunde, spielte – am 15. Juni 1958 ganz dicht davor, endlich den niederländischen Meistertitel zu holen. Zwar hatte er während der Saison wegen einer Gelbsucht, Verletzungen und interner Sperre (weil er nicht wie von Fadrhonc angeordnet auf Linksaußen spielen wollte) in dreizehn Spielen nicht antreten können. Doch am Saisonende war er fit. SC Enschede und DOS aus Utrecht standen punktgleich an der Spitze, und der Meister musste in einem Entscheidungsspiel bestimmt werden; Enschede verlor (erneut in Nimwegen) allerdings nach der dritten Verlängerung (à siebeneinhalb Minuten) der Partie durch einen Treffer des damals „besten Mittelstürmers der Niederlande“31) Tonny van der Linden mit 0:1. Joop Janssen sah den Grund für das Verpassen des Titels in den Misstönen innerhalb der Mannschaft: „Durch all die Reibereien zwischen den Spielern haben wir hundertprozentig die Meisterschaft vergeben, und nicht nur 1958.“32) Die Mannschaft fiel auseinander; auch Lenstra wollte den Verein verlassen, doch ein Wechsel zu Blauw Wit Amsterdam scheiterte an der hohen Ablösesumme von 80.000 Gulden, die Enschede aufrief.33) Lenstra verlängerte stattdessen beim Sportclub um zwei Jahre.
Vor dem Entscheidungsspiel um die Meisterschaft hatte Lenstra sich als Sänger versucht; er hatte, als erster niederländischer Sportler, am 21. Mai 1958 im Studio eine Schallplatte aufgenommen, eine Single mit den Titeln Geen woorden, maar daden („Keine Worte, sondern Taten“)34) und Bij ons in Holland („Bei uns in Holland“).35) Die A-Seite36) soll er nach Angaben des Journalisten Jurryt van de Vooren37) vor dem Spiel gegen DOS beim Stadionsprecher hinterlegt haben, damit der sie zur Siegerehrung abspiele. Dazu kam es nicht, da Enschede verlor. Die Single wurde von Philips veröffentlicht, konnte aber keinen großen Verkaufserfolg erzielen39) und gilt heute als Rarität.
Auch ohne Erfolg als Sänger verdiente Lenstra gut. Pro Sieg zahlte der Sportclub 75 Gulden, bei einem Unentschieden gab es 45 Gulden und nach einer Niederlage konnte Lenstra immerhin noch 25 Gulden einstreichen. So kam er 1958 auf rund 3.600 Gulden vom Verein, etwa die Höchstsumme, die vom KNVB für die niederländischen Profis genehmigt war;39) hinzu kamen Prämien vom KNVB für Länderspiele zwischen 50 und 150 Gulden und für Gastauftritte, für die Summen mindestens im dreistelligen Bereich gezahlt wurden. Außerdem erhielt er, so gab sein Freund und Manager Willem ter Riet später preis, monatlich noch einmal fünf- bis sechshundert Gulden zusätzlich vom Verein. Damit gehörte er unter den niederländischen Berufsfußballspielern seiner Zeit zu den bestbezahlten; im internationalen Vergleich jedoch war die Summe eher gering: in England wurden Profis in diesen Jahren bereits mit umgerechnet zwischen 15.000 und 20.000 Gulden je Saison entlohnt.40)
In der Saison 1959/60 geriet der Sportclub Enschede nach neun Niederlagen in Folge in der ersten Saisonhälfte in Abstiegsnot. Das Verhältnis zwischen Fadrhonc und Lenstra hatte sich bereits verschlechtert und als der Trainer seinem Star mitteilte, er könne ihn nunmehr nicht mehr auf Halblinks spielen lassen, kam es zum Eklat. Wie schon mehrmals in der Vergangenheit weigerte Lenstra sich, die Entscheidung zu akzeptieren; sein Standing war mittlerweile aber nicht mehr hoch genug. Trainer und Club sperrten ihn für die erste Mannschaft und verbannten ihn in die Zweite. Doch sein Ehrgeiz war groß genug, es ihnen noch einmal zeigen zu wollen. Wie Hiltje Lenstra es nach seinem Tod ausdrückte:
„In bestimmten Situationen musste Abe sich immer wieder beweisen. Wohl vier- oder fünfmal wurde er im Laufe der Jahre abgeschrieben. Das hat echt an ihm genagt.“41)
Er spielte gut, erzielte in sechs Spielen acht Tore. Da die Mannschaft sich ohne Abe Lenstra wieder aus der Abstiegszone gekämpft hatte, holte Fadrhonc ihn zurück – nicht zu unrecht, denn in den verbleibenden neun Saisonspielen mit Lenstra erzielte dieser neun Treffer, spielte zeitweilig wie in seinen besten Jahren, war beim 4:1-Sieg gegen PSV „rundheraus brillant“ und führte seine Mannschaft noch bis auf Tabellenplatz neun.42)
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Anmerkungen und Nachweise
29) Johann Mast, Abe. Het levensverhaal van Nederlands eerste grote sportidool, Tirion, Baarn 2007, S. 169
30) „Niemand had verwacht dat Lenstra naar Enschede zou komen. Voor ons was het te mooi om waar te zijn; wie wilde er nou niet met Abe samenspelen?“, in: Johann Mast, Abe. Het levensverhaal van Nederlands eerste grote sportidool, Tirion, Baarn 2007, S. 173
31) Herman van Veen in seinem Weblog vom 13. März 2006, gesichtet am 1. Juli 2008
32) „Door al die wrijvingen in de spelersgroep zijn we honderd procent zeker het kampioenschap misgelopen, en niet alleen in 1958.“, in: Johann Mast, Abe. Het levensverhaal van Nederlands eerste grote sportidool, Tirion, Baarn 2007, S. 181
33) Die Summe war für die Zeit sehr hoch. Noch in der Vorsaison hatte es lediglich einen Transfer für mehr als 50.000 Gulden gegeben, in der Saison 1959/60 waren es sieben, und selbst 1962/63 erst zehn. Vgl. Dr. D. B. Jochems, Voetbalfinanciën toen en nu, in: M. Rooij (Hg.), Voetbalen toen en nu, Koninklijke Nederlandsche Voetbalbond 1964, ohne ISBN, S. 130f.
34) Das Lied Geen woorden, maar daden basiert auf einem Vereinslied des Rotterdamer Klubs Coal 1 und wurde als Hand in hand, kameraden in den 1960er Jahren mit leicht verändertem Text zur „Hymne“ der Fans von Feijenoord.
35) Informationen und Coverfoto bei geschiedenis.nl, gesichtet am 3. Juli 2008
36) Im Blog des SC Heerenveen gibt es weitere Informationen und einen Link zu einer Hörprobe
37) Hand in hand voor Abe Lenstra, NU.nl vom 3. Februar 2007, gesichtet am 3. Juli 2008
38) Abe Lenstra zingt, historen.nl, gesichtet am 3. Juli 2008
39) Im Schnitt verdienten die 386 Vertragsspieler der 18 Eredivisie-Vereine in der Saison 1958/59 etwa 2.800 Gulden. Vgl. Dr. D. B. Jochems, Voetbalfinanciën toen en nu, in: M. Rooij (Hg.), Voetbalen toen en nu, Koninklijke Nederlandsche Voetbalbond 1964, ohne ISBN; S. 127
40) alle Zahlen laut Johann Mast, Abe. Het levensverhaal van Nederlands eerste grote sportidool, Tirion, Baarn 2007, S. 174f.
41) „Het was op een gegeven moment zo dat Abe zich telkens moest bewijzen. Wel vier of vijf keer werd hij in de loop der jaren afgeschreven. Dat heeft echt aan hem genvreten.“, in: Het Gouden Binnentrio; Johan Derksen et al., Het Nederlands Elftal 1905–1989. De historie van Oranje, Weekbladpers BV/Voetbal International, Amsterdam 1989, ISBN 90-236-7211-9, S. 159
42) Johann Mast, Abe. Het levensverhaal van Nederlands eerste grote sportidool, Tirion, Baarn 2007, S. 200f.