Nationalmannschaft am 27. 4. 1924, vorn sitzend: Jan de Natris
Erfolge und Ehrungen
Niederländischer Meister:
1918 und 1919 (AFC Ajax)
Olympische Spiele:
Bronzemedaille 1920
Platz vier 1924
Nationalmannschaft:
23 Einsätze, 5 Tore
Vereine
Jugend: Swift, Blauw-Wit
Senioren:
AFC Ajax
De Spartaan
AFC Ajax
Vitesse
AFC Ajax
Fotonachweise:
oben: Niederländische Nationalmannschaft vor
dem Spiel gegen Belgien, 27. April 1924,
Nationaal Archief, See page for author [GFDL
(http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html) or
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im Kasten: Jan de Natris
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via Wikimedia Commons
Jan de Natris
Eine Webpage zur Geschichte und Gegenwart der
niederländischen Fußballnationalmannschaft
De Natris in der Nationalmannschaft
Sein Debüt in der Nederlandsche elftal gab Jan de Natris im vierten Match der
Niederländer nach dem Weltkrieg am 5. April 1920. Gegen Dänemark spielte de Natris
rechts, sein Ajax-Mannschaftskamerad Joop van Dort halbrechts, Boelie Kessler vom
HVV stand als Mittelstürmer in der Spitze. Oranje siegte mit 2:0 durch Tore von
de Natris und Kessler. Auch in den nächsten beiden Testspielen für die Olympischen
Spiele 1920 stand er im Team: einem Unentschieden in Genua gegen Italien folgte
eine 1:2-Niederlage in Basel gegen die Schweiz, bei dem de Natris den Treffer
der Niederländer erzielte.
Beim olympischen Fußballwettbewerb in Brüssel und Antwerpen gehörte de Natris zunächst im Angriff der niederländischen Mannschaft zur Stammformation, und zwar als Linksaußen, da für die rechte Seite bereits Oscar van Rappard gesetzt war. Eins seiner wichtigsten und schönsten Tore erzielte de Natris dabei im Viertelfinale gegen Schweden. Nachdem Jaap Bulder, der zuvor im Match gegen Luxemburg sein Debüt im Oranje-Dress mit einem Tor gekrönt hatte und erneut seine Chance in der Startelf erhielt, kurz vor Schluss per Elfmeter für den 4:4-Gleichstand gesorgt hatte, war es in der Verlängerung de Natris, der den Halbfinaleinzug der Niederlande perfekt machte: „Dampf aufnehmen an der Seitenlinie, nach innen schwenken, ein bis drei Männlein umsegeln und mit rechts abschließen ins kurze linke Eck“, so schildert Jan Luitzen das Siegtor.7)
Was folgte, wurde später als De Schande van de Schelde8) („die Schande von der Schelde“) bekannt. Die Mannschaft war mit einem von der niederländischen Regierung zur Verfügung gestellten Schiff, der Hollandia, nach Antwerpen gereist. Während der Spiele blieben die Spieler auf dem auf der Schelde vor Anker liegenden Schiff untergebracht, jeweils zu dritt in kleinen, spartanisch ausgerüsteteten Kabinen ohne elektrisches Licht oder Waschgelegenheit – „eine eklige, düstere Kammer, in die man nicht einmal Häftlinge sperrt“, urteilte der Chronist von De Sportkroniek9) – während die Funktionäre in luxuriösen Hotelzimmern nächtigen durften. Nachdem sich de Natris für die Spieler über die Unterkünfte beschwert hatte, meinte der Verband, sie mit einem Grammophon und einigen Schallplatten besänftigen zu können. De Natris und andere, darunter vornehmlich sein Sturmkollege Jaap Bulder, beschmierten darauf die Schallplatten mit Konfitüre und benutzen sie zum Steinehüpfen auf dem Fluss. Als nach dem verlorenen Halbfinale gegen den späteren Olympiasieger (und zu dieser Zeit Erzrivalen) Belgien sich auch noch mehrere Spieler in Antwerpens Kneipen heftig betranken und de Natris, Bulder und die Ergänzungsspieler Evert van Linge und Henk Tempel erst spät nachts auf die Hollandia zurückkehrten, griff der Verband durch und schloss diese vier vom Rest des Turniers aus. Erst als ihre Mannschaftskameraden mit Streik für das „kleine Finale“ drohte, durften die „Sünder“ wenigstens mit zum Match, wurden jedoch nicht eingesetzt. Ohne sie verlor das Team die zum Spiel um Platz zwei gewordene Begegnung gegen Spanien, gewann jedoch damit aufgrund der Disqualifikation der Tschechen und Slowaken trotzdem zum dritten Mal die Bronzemedaille.
Im November 1921 besiegte das Team im Stade Pershing die gastgebenden Franzosen mit 5:0, de Natris wurde anschließend als „Mann des Spiels“ auf den Schultern vom Platz getragen.10) Das nächste Match war am 26. März 1922 erneut eins der Nachbarschaftsderbys in und gegen Belgien. In diesem Spiel war von de Natris reinweg nichts zu sehen; er glänzte lediglich mit verbalen Ausfällen gegen seine Mitspieler, denen er die Schuld an der 0:4-Niederlage in die Schuhe schob. Die Auswahlkommission des KNVB gönnte ihm anschließend eine längere Pause. Von März 1922 bis März 1924 wurde de Natris nicht für die Nationalmannschaft berücksichtigt.
Rechtzeitig zu den Olympischen Spielen 1924 war de Natris wieder im Kader und Stammspieler in Frankreich. Im Achtelfinale verwandelte er beim 6:0-Sieg über Rumänien einen Strafstoß zum Endstand, nachdem Kees Pijl bereits vier Treffer erzielt hatte, traf jedoch im weiteren Turnierverlauf nicht mehr. Nach dem verlorenen Halbfinale – gegen Uruguay mit dem „schwarzen Wunder“ José Leandro Andrade – war erneut Schweden Gegner der Niederländer. Die Auswahlkommission setzte im Spiel um Platz drei auf Spieler, die bis dahin nicht eingesetzt gewesen waren, darunter drei Debütanten; de Natris war beim 1:1-Unentschieden nur Zuschauer, kam jedoch zum Wiederholungsspiel ins Team zurück. Doch die erfahreneren Fußballer verloren dieses mit 1:3, so dass Oranje, nach zuvor drei Bronzemedaillen, bei seinem vierten Olympischen Fußballturnier nur der „undankbare“ vierte Platz blieb.
Nach den Olympischen Spielen blieb de Natris noch etwas mehr als ein Jahr in der Nationalmannschaft aktiv. Sein letztes Länderspiel war sein einziges als Vitesse-Spieler. Am 25. Oktober 1925 ging es wie bei seinem Debüt fünfeinhalb Jahre zuvor wieder gegen Dänemark, diesmal mit einem 4:2-Sieg in Amsterdam. Insgesamt trat de Natris zu 23 Länderspielen an, in denen er fünf Tore erzielte.
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Anmerkungen und Nachweise
Diesen Artikel in leicht abgewandelter Form habe ich ursprünglich für die deutsche Wikipedia geschrieben, dort ist er unter Jan de Natris zu finden.
7) Jan Luitzen: Jan de Natris (1895–1972): De opstandige dwarserik, in: Mik Schots & Jan Luitzen, Tovenaars in Oranje. A. W. Bruna, Utrecht 2004, ISBN 90-229-8813-9, S. 162
8) Willem Vissers, Nigel de Jong is niet de enige, in: De Volkskrant vom 4. Oktober 2010, Onlineversion; auch: Oranje en de Olympische Spelen, in: Johan Derksen et al., Het Nederlands Elftal 1905–1989. De historie van Oranje, Weekbladpers BV/Voetbal International, Amsterdam 1989, ISBN 90-236-7211-9. S. 32
9) op.cit. in Jan Luitzen, a.a.O., S. 161; auch in Johan Derksen et al., a.a.O., S. 33
10) Jan Luitzen, a.a.O., S. 162