Abe Lenstra
Eine Webpage zur Geschichte und Gegenwart der
niederländischen Fußballnationalmannschaft
Nationalmannschaft 2
1940–1953: Vom Debüt zum ersten Rücktritt
Am 31. März 1940, mit 19 Jahren, gab er endlich, wiederum im Feijenoord-Stadion, seinen Einstand in der A-Nationalmannschaft. Das Spiel davor gegen Belgien, das wegen des kalten Winters vom 3. auf den 17. März verlegt worden war, hatten die Niederländer in Antwerpen mit 1:7 verloren; Kick Smit hatte kurz vor Schluss lediglich noch den Anschlusstreffer erzielen können.50) Gegen Luxemburg setzten die Auswahlkommission und Bondscoach Bob Glendenning auf fünf Debütanten; neben Lenstra waren das Kees Slot, Herman Choufoer, Jan Poulus und Heinz Vroomen.51) Das Spiel wurde am folgenden Tag in De Telegraaf als De Schande van Rotterdam („Die Schmach von Rotterdam“) bezeichnet; Luxemburg hatte 5:4 gewonnen. Für vier der Debütanten war ihr erstes gleichzeitig ihr letztes Spiel in Oranje. Lenstra aber war einer der besseren Spieler, füllte die Position Smits auf Halblinks als Vorbereiter bestens aus und kam gleich in der zehnten Minute auch selbst zum Abschluss: auf Vorlage von Guus Dräger erzielte er mit dem 1:0 den ersten Treffer seiner Nationalmannschaftskarriere, die mit Unterbrechungen fast zwanzig Jahre dauern sollte. Mit seinem Debüt wurde er der erste Friese, der in der Elftal spielte, was seine Landsleute in der nordniederländischen Provinz stolz machte. Über sein Debüt sagte Lenstra später:
„Welch ein Tag! Endlich hatte Friesland einen Nationalspieler. Ich selbst begriff überhaupt nicht, welche Ehre mir da zugefallen war. Als Junge von 19 Jahren kapiert man das noch gar nicht.“52)
Doch noch gab es in Holland Vorurteile gegenüber dem jungen Friesen, nicht nur bei der Oranje legioen, den Fans der Nationalmannschaft, sondern auch bei den etablierten Spielern. Abe wurde wegen seiner Herkunft als Friese boertje, als „friesisches Bäuerlein“ verhöhnt. In seinem zweiten Spiel, gegen Belgien im April, so erinnerte er sich später, „hat 90 Minuten lang einer meiner Mitspieler nicht aufgehört, mich anzumeckern und rumzumaulen. Wenn ich den Ball bekam, rief er, ich solle ihn abgeben, ich könne doch nichts damit anfangen.“53) Den Namen nannte Lenstra nicht; es war Leen Vente, der seit 1933 Stammspieler auf der Mittelstürmerposition und zweimaliger WM-Teilnehmer gewesen war und in diesem, seinem 21., Spiel sein 19. Tor erzielte. Vente hatte offensichtlich Angst, dass Abes Supertalent ihm seinen Platz in der Nationalmannschaft nehmen könnte.54) Auf einem Foto, das nach dem 4:2-Sieg gemacht wurde, sieht man neun Spieler, acht von ihnen lachend; lediglich Lenstra geht mit gebeugtem Kopf vom Feld.55) Nach dem Spiel schwänzte er das Bankett, fuhr direkt zurück nach Heerenveen. Von seinen Kameraden verabschiedete er sich in der Kabine mit den Worten: „Mit dem Kerl (ndl. vent, gemeint war natürlich Vente) spiele ich nie wieder Fußball! Mich seht ihr hier nie wieder. Adieu!“56) Zumindest mit dem ersten Teil der Aussage sollte er recht behalten. Für das nächste Länderspiel – in Luxemburg wollten die Niederländer am 12. Mai 1940 Revanche nehmen für die „Schande von Rotterdam“ – wurde Abe berufen; Lente hingegen hatte sich im Rahmen der Mobilisierung beim Militär melden müssen und war zu dieser Zeit in einer Kaserne. Doch die Mannschaft konnte nie zum Spiel nach Luxemburg reisen, da am 10. Mai 1940 deutsche Truppen einmarschierten und die Niederlande besetzten; der Zweite Weltkrieg verhinderte nun weitere Länderspiele. Nach dem Krieg war Vente zu alt für die Nationalelf; Lenstra hingegen hatte sich durch seine Erfolge mit vv Heerenveen einen Namen gemacht und gehörte 1946, am 10. März beim 6:2-Sieg in Luxemburg, gleich im ersten Nachkriegsspiel wieder zum Team. 1948 nahm er an den Olympischen Spielen teil, erzielte in den beiden Spielen der Niederländer jedoch kein Tor.
Der eigenwillige Friese war im Sturm auf allen Positionen einsetzbar. Bei seinen Auftritten im Nationaldress spielte er fünfmal auf Rechtsaußen, siebenmal auf Halbrechts, dreimal als Mittelstürmer, siebenmal auf Linksaußen – und in 25 Länderspielen wurde er auf seiner Lieblingsposition als linker Halbstürmer eingesetzt.57) Eine Zeitlang hatte er damit Probleme, es gab Streit zwischen ihm und der Auswahlkommission der Nationalmannschaft, wenn sie ihn nicht auf Halblinks spielen lassen wollte. Nachdem im Dezember 1952, auch aus diesem Grund, die Besetzung der Auswahlkommission gewechselt hatte – ihr gehörte nun auch Ex-Nationalspieler Harry Dénis an – war Abe allerdings sogar erstmals als Mannschaftskapitän dabei, als die KNVB-Auswahl am 7. März 1953 ein Länderspiel gegen Dänemark austrug, dessen Erlös den Opfern der Hollandsturmflut zugutekommen sollte. Lenstra erzielte das Tor der Oranje bei der 1:2-Niederlage in Rotterdam. Dieses Spiel war das offizielle niederländische Benefizspiel, stand allerdings später im „medialen Schatten“ eines inoffiziellen Spiels zugunsten der Flutopfer, des so genannten Watersnoodwedstrijd, fünf Tage später in Paris, in dem eine Auswahl von – vornehmlich in Frankreichs Profiligen spielenden – niederländischen Auslandsprofis gegen die Équipe tricolore 2:1 gewann.58) Unter den Kollegen der schreibenden Zunft auf der Pressetribüne im Prinzenpark befand sich auch Abe Lenstra; auf Einladung eines Freundes von der Zeitschrift Sport en Sportwereld sollte er einen Artikel über das Spiel schreiben. Lenstra hatte vor dem Spiel vorausgesagt, die Franzosen würden „ungefähr vier zu null“ gewinnen. Sein Spielbericht schwärmte dann von den niederländischen Profis, die sich nicht nur seiner Meinung nach seit ihrem Weggang aus den Niederlanden technisch, taktisch und konditionell enorm verbessert hätten. Als man ihn später fragte, ob er gerne mitgespielt hätte, sagte er:
„Und ob ich gewollt hätte! Endlich Spieler, von denen man gute Pässe hätte kriegen können!“59)
In den folgenden Länderspielen mit seinen Sportkameraden aus den niederländischen Amateurligen wirkte Lenstra lustlos; sein Freund Kick Geudeker von Sport en Sportwereld schrieb, der Mannschaftskapitän sei im Länderspiel gegen Belgien am 19. April 1953 „nicht nur uninteressiert, abwesend und unbeteiligt, sondern auch technisch schlecht“ gewesen.60) Wenig später gab Lenstra bekannt, er sei voetbalmoe, fußballmüde. Die Spiele im Verein reichten ihm; er ging nun lieber Tennis spielen oder widmete sich anderen Hobbys.
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Karriere im Verein
- 1932–1950: Bodenständiger Amateur in Heerenveen
- 1950–1955: Der schwierige Weg in den bezahlten Fußball
- 1955–1960: Als Halbprofi beim Sportclub Enschede
- 1960–1963: Mit 40 Jahren noch einer der Boys
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Anmerkungen und Nachweise
50) Spieldaten bei voetbalstats.nl
51) Spieldaten bei voetbalstats.nl
52) „Wat een dag,“ zei hij later zelf over zijn officiële debuut. „Eindelijk had Friesland een international. Zelf besefte ik niet welke eer mij te beurt was gevallen. Als jongen van negentien jaar heb je dat niet door.“ Johann Mast, Abe. Het levensverhaal van Nederlands eerste grote sportidool, Tirion, Baarn 2007, S. 42
53) „Negentig minuten lang liep een van mijn medespelers op mij te razen en te schelden ... Als ik een bal in m'n bezit kreeg, schreeuwede hij: ‚Hier ermee ... jij ken d'r toch niks van!‘“ Johann Mast, Abe. Het levensverhaal van Nederlands eerste grote sportidool, Tirion, Baarn 2007, S. 43f.
54) Mik Schots & Jan Luitzen, Oranje magie. Amstelsport Amsterdam/Antwerpen 2010, ISBN 978-90-482-2010-6, S. 109
55) Johann Mast, Abe. Het levensverhaal van Nederlands eerste grote sportidool, Tirion Uitgevers, Baarn 2007, ISBN 978-90-439-0983-9, S. 43f
56) „Met die vent voetbal ik nooit meer! Mij zien jullie hier niet meer. Aju!“ Johann Mast, Abe. Het levensverhaal van Nederlands eerste grote sportidool, Tirion, Baarn 2007, S. 44
57) Johan Derksen, Abe was een klier van een vent, een nare man (Version vom 22. Februar 2013 im Webarchiv Archive.is), Voetbal international vom 9. Juli 2007, gesichtet am 3. Juli 2008
58) Für die Ergänzung dieses Satzes und diese Anmerkung danke ich Wahrerwattwurm, der ihn dem ursprünglichen Wikipedia-Arktikel zugefügt hat: Bei diesem Spiel am 12. März 1953 stand den niederländischen Profis eine Kombination französischer Nationalspieler der beiden Klubs Stade Reims und Racing Paris gegenüber; es wird auch in Frankreich nicht als offizielles Länderspiel gezählt. Vgl. L'Équipe/Gérard Ejnès: La belle histoire. L'équipe de France de football. L'Équipe, Issy-les-Moulineaux 2004 ISBN 2-9519605-3-0, S. 366f.
59) „Nou en of. Eindelijk spelers van wie men goede passes zou kunnen krijgen.“ Johann Mast, Abe. Het levensverhaal van Nederlands eerste grote sportidool, Tirion Uitgevers, Baarn 2007, ISBN 978-90-439-0983-9, S. 149
60) „Het was niet alleen ongeïnteresseerd, afwezig en onverschillig, maar ook technisch slecht.“ Zitiert nach: Johann Mast, Abe. Het levensverhaal van Nederlands eerste grote sportidool, Tirion Uitgevers, Baarn 2007, ISBN 978-90-439-0983-9, S. 149
Nationalelf
1940 2 Spiele, 1 Tor
1946-1953
28 Spiele, 17 Tore
1955-1959
17 Spiele, 15 Tore
Spielführer
3-mal, 1953
Spielpositionen in der Nationalelf
Rechtsaußen:
fünfmal
Halbrechts:
siebenmal
Mittelstürmer:
dreimal
Halblinks:
25-mal
Linksaußen:
siebenmal
Fotonachweise:
oben: V.l.n.r.: Henk Schijvenaar, bondscoach
Jaap van der Leck, Abe Lenstra, Aad de Jong
[...] en Rinus Terlouw (6e van links) voor het
Olympisch Stadion in Amsterdam, enige dagen
na de oefeninterland tegen België, 24 apr. 1951
Poll, Willem van de;
Nationaal Archief, CC-BY-SA
bekijk toegang 2.24.14.02
Bestanddeelnummer 191-1059
im Kasten: Abe Lenstra.
Vriendschappelijke voetbalwedstrijd
Nederland - België 1-0 (rust 1-0) in het
Olympisch Stadion in Amsterdam, 3 April
1955. By Polygoon Hollands Nieuws
[CC-BY-SA-3.0
(http://creativecommons.org/licenses /by-sa/3.0)],
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